Arbeitsgruppe Mikropaläontologie

Arbeitsgruppe Mikropaläontologie

Arbeitsgruppe Mikropaläontologie

 

Die Arbeitsgruppe Mikropaläontologie der Universität Hamburg wird an Bord des Forschungsschiffs „SONNE“ von Dorothea Bunzel (Arbeitsgruppenleiterin, Doktorandin), Hannah Knaack-Völker (M.Sc. Studentin) und Stephan Vosen (M.Sc. Student) vertreten.

Ziel der Teilnahme an der Ausfahrt ist die Untersuchung der Ökologie von rezenten und fossilen benthischen Foraminiferenfaunen der Saya de Malha Karbonatplattformbank im westlichen Indischen Ozean.

Abb. 1: Die Arbeitsgruppe der Mikropaläontologie an Deck des Forschungsschiffs „SONNE“; v. l. n. r: Björn Taphorn (Max-Plank-Institut für Chemie, Mainz), Stephan Vosen, Hannah Knaack-Völker und Dorothea Bunzel (Universität Hamburg). Foto: T. Wasilewski, 2019.

 


Was sind Foraminiferen?

 

Foraminiferen sind einzellige Lebewesen, die in großer Anzahl sowohl planktisch (freischwimmend in der Wassersäule) als auch benthisch (auf und/oder im Meeresboden) in den verschiedenen Weltmeeren leben. Foraminiferen bauen ein Gehäuse aus, das entweder aus Kalk oder aus miteinander verklebten Sandkörnern besteht. Durch diese Hartschale können sie als Fossil die Zeit überdauern und bilden u. a. nach ihrem Ableben sogenannte „Schlämme“ am Meeresboden aus. In großen Mengen können diese abgelagerten Foraminiferengehäuse über geologische Zeitskalen betrachtet sogar gesteinsbildend sein.

Abb. 2: Links: Foraminiferen aus einer Sedimentprobe der südöstlichen Karibik (Forschungsschiff-Ausfahrt M35/1), die auf eher oligotrophe bis mesotrophe Bedingungen hinweisen. Die Foraminiferenfauna wird hier dominiert durch Arten die eher auf dem Sediment leben. Rechts: Foraminiferen aus einem Sedimentkern (GeoB1023) vor Angola. Durch den Einfluss hoher Nahrungsflüsse wird die Fauna hier dominiert durch Arten, die tief im Sediment leben. Fotos: G. Schmiedl, 2018/2019.


Was kann man anhand von benthischen Foraminiferen untersuchen?

 

Das Auftreten spezifischer Arten liefert Hinweise auf deren bevorzugte Lebensbedingungen in Bezug auf die Verfügbarkeit von Sauerstoff und Nahrung am und im Meeresboden. Des Weiteren kann anhand der Gehäuseform (Morphologie) der Foraminiferen deren Anpassung an spezielle Lebensräume abgelesen werden. Auch innerhalb einer Art können Variationen auftreten. Zum Beispiel können die im Gehäuse befindlichen Poren bei wenig Sauerstoff im Ökosystem vergrößert auftreten, um den betroffenen Foraminiferen die Sauerstoffaufnahme zu erleichtern.

 

Zusammengefasst bedeutet dies, dass sich verschiedene Foraminiferenarten auf unterschiedliche marine Lebensräume spezialisieren. Manche bevorzugen einen hohen Sauerstoffgehalt und wenig Nahrung am Meeresboden (oligotroph), manche ein hohes Nahrungsangebot und wenig Sauerstoff (eutroph). Entsprechend ihrer Anpassungsfähigkeiten beanspruchen verschiedene Foraminiferengruppen eigene Nischen im Ökosystem. Das Wissen über die Spezialisierung einzelner Arten an bestimmte Lebensräume und Umweltbedingungen, wie wir sie heutzutage vorfinden, kann dann genutzt werden um marine (fossile) Sedimentkerne zu untersuchen, die uns mit ihrer Abfolge eine Art Blick in die Vergangenheit ermöglichen.

 

Denn: um vergangene Ökosysteme rekonstruieren zu können, verwenden wir das sogenannte Aktuo-Prinzip, welches annimmt, dass heute lebende Exemplare einer Art mit Exemplaren derselben Art in der Vergangenheit vergleichbar sind. Zum Beispiel: heute lebende Foraminiferen der Gattung Globobulimina leben in sauerstoffarmen Umgebungen, also gehen wir davon aus, dass sie das auch in der Vergangenheit gemacht haben.

Abb. 3:

Das sogenannte TROX Modell (engl.: Trophic-Oxygen model) nach Jorissen et al. (1995), welches die Beziehung zwischen dem Auftreten einzelner Foraminiferenarten in Abhängigkeit von der Sauerstoff- und Nahrungsverfügbarkeit am Meeresboden darstellt. Je nachdem ob oligotrophe oder eutrophe Bedingungen vorherrschen, treten unterschiedliche Arten in anderen Sedimenttiefen auf. Abbildung: G. Schmiedl, 2019.

 


Das Arbeitsgebiet – die Saya de Malha Bank

 

Das Arbeitsgebiet, die Saya de Malha Karbonatplattformbank des Mascarenen Plateaus, liegt bei ca. 10° südlicher Breite im westlichen Indischen Ozean. Ein Gebiet, in dem verschiedene Wassermassen unterschiedlicher Sauerstoffgehalte aus Norden und Süden aufeinander treffen. Durch die Untersuchung von Sedimentproben aus unterschiedlichen Wassertiefen entlang der Karbonatplattform können wir das Verhalten der Foraminiferen auf die aufeinandertreffenden Wassermassen und deren unterschiedlichen Nahrungs- und Sauerstoffgehalte nachvollziehen und für die vergangene Zeit rekonstruieren.

 


Wie werden die rezenten Sedimentproben gewonnen?

 

Das Gerät, mit dem wir unsere rezenten Oberflächenproben bergen, ist der sogenannte Multicorer (MUC). Der Multicorer besteht für gewöhnlich aus einem äußeren Rahmen sowie einem inneren vertikal beweglichen Kopf. Der Rahmen dient dem Schutz des Geräts. Im unteren Bereich des Rahmens sind zudem Füße befestigt, mit denen das Gerät auf dem Meeresboden aufsetzt. Der Kopf verfügt über acht vertikal montierte 100 cm lange, transparente Plexiglasrohre. Sobald der äußere Rahmen mit seinen Füßen auf dem Meeresboden aufsetzt, werden Gewichte werden ausgelöst, die den innen liegende Kopf mit den Plexiglasrohren in das Sediment drücken. Beim Hinausziehen des Multicorers aus dem Boden, entriegeln sich spezielle Verschlussklappen und verschließen die Plexiglasrohre am oberen und unteren Ende. Somit lassen sich mit dem Multicorer mehrere Sedimentproben entnehmen, in denen der Meeresboden samt dem darüber stehenden Bodenwasser ungestört erhalten bleibt. Darüber hinaus ermöglichen die Plexiglasrohre eine erste visuelle Prüfung des gewonnenen Sediments.

An Deck des Schiffes werden dann im Folgenden die oberen 10 cm des gewonnenen Sedimentes in 0,5 bis 1 cm Abständen beprobt. Dies ist der Bereich in dem wir lebende Foraminiferen finden können. Die Untersuchung der oberflächennahen Proben auf ihren Gehalt an Foraminiferen ermöglicht uns dann deren bevorzugtes Auftreten abzuschätzen. Das heißt, welche Art lebt in welcher Tiefe im Sediment und warum? Dieses Wissen nutzen wir dann um längere (fossile) Sedimentkerne zu untersuchen und das Auftreten jener Arten bewerten zu können, die in der Vergangenheit dort gelebt haben.

Abb. 4: Der Multicorer im Einsatz (Foto: D. Bunzel, 2013).

 


Wie haben sich die Lebensbedingungen am Meeresboden mit der Zeit verändert?

 

Bevor wir schließlich die ca. 6 m langen Sedimentkerne (mittels Schwerelot gewonnen) beproben und mit der Untersuchung der fossilen Foraminiferen beginnen, interpretieren wir die Sedimentkernzusammensetzung. Gibt es eine auffällige Schichtung? Welche Farben und Korngrößen weist der Sedimentkern auf? Darüber kann bereits eine grobe klimatische Einschätzung zum Zeitpunkt der Ablagerung getroffen werden. Für die Untersuchung der fossilen Foraminiferenarten werden die Sedimentkerne werden in Abständen von 10 cm beprobt. Diese Abstände reichen aus, um eine hohe zeitliche Auflösung zu erreichen und langfristige Klimatrends rekonstruieren zu können. Unsere Hauptforschungsfrage lautet dabei: Was sagt uns die Ökologie der benthischen Foraminiferenfaunen über die Entwicklung der Meereströmungen an der Saya de Malha Karbonatplattform?

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